Im Rahmen der Weltstillwoche möchte ich die #StillwochenChallenge zum Anlass nehmen, meine Still-Geschichte mit dem Julimädchen zu erzählen und wie es kam, dass wir zu Langzeitstillenden wurden – trotz einem schwierigen Start.
Anlegen direkt nach der Geburt? Bei uns unmöglich…
Das Julimädchen hatte eine für uns beide recht komplizierte und langwierige Geburt und nur wenige Stunden später war sie plötzlich in einem anderen Krankenhaus als ich. Da ich sie nun nicht mehr anlegen konnte, wurde mir im Krankenhaus eine Milchpumpe gegeben mit einer groben Erklärung, wie ich damit umzugehen hätte. 24 Stunden später verließ ich das Krankenhaus mit einem Rezept für eine Leih-Milchpumpe, die mir kurze Zeit später nach Hause geliefert wurde.
Von zu Hause aus pendelte ich sechs lange Tage lang zwischen der Milchpumpe zu Hause und meiner Tochter im Krankenhaus. Auf Anraten meiner Nachsorge-Hebamme stellte ich mir einen Wecker für die Nächte, um alle 3 Stunden für die Milchpumpe aufzustehen und abzupumpen bzw. eher die Milchbildung anzuregen.
Eine schwierige Anfangszeit
Da meine Tochter zusätzlich zu der wenigen abgepumpten Muttermilch, die ich ihr ins Krankenhaus bringen konnte, im Krankenhaus gut zugefüttert wurde, passten ihre Nachfrage und mein Angebot zunächst überhaupt nicht zusammen, als sie dann endlich zu Hause war. Dazu kam, dass es im Krankenhaus mit dem Anlegen nie geklappt hatte und jede Kinder-Krankenschwester (Hebammen gab es auf der Kinderstation nicht) einen anderen Rat hatte.
In der Zeit im Krankenhaus hatten die Krankenschwestern / Krankenpfleger ihr außerdem einen Schnuller gegeben. Zu Hause gab es dann wahlweise ein Fläschchen mit abgepumpter Muttermilch oder ich versuchte sie zu stillen, mal mit und mal ohne Stillhütchen, da ich das Anlegen nicht richtig gezeigt bekommen hatte und sehr schnell wund war.
Ohne das Internet hätte ich wohl nicht lange durchgehalten
Ich muss zugeben, diese anfängliche Zeit verschwimmt für mich rückblickend ein bisschen im Nebel aus Schlafmangel, Überforderung und Unwissenheit. Meine damalige Hebamme war dabei keine wirklich gute Hilfe und verabschiedete sich recht schnell von den Besuchen bei uns. Irgendwann recherchierte ich selbst im Internet und fand nach ein paar Umwegen zum Thema Bedürfnisorientierung und Stillen nach Bedarf.
Ich wusste damals gar nicht genau, nach was ich eigentlich suchte, außer nach einem Rat zum Stillen und dass ich es seltsam fand, dass meine Tochter so oft an die Brust wollte. Begriffe wie Clusterfeeding, Stillen nach Bedarf waren mir zu diesem Zeitpunkt fremd. Und da ich nicht genau wusste, wonach ich suchte und mir bei der Eingabe in den Suchschlitz der Suchmaschinen die passenden Worte fehlten, dauerte es eine Weile, bis ich fand, was ich suchte und was mich und mein Bauchgefühl bestätigte.
Danach dauerte es zwar immer noch ein bisschen, bis das Stillen reibungslos klappte. Immerhin wusste ich jetzt, dass ich auf dem richtigen Weg war und das gab mir Hoffnung, durchzuhalten. Mit etwa drei oder vier Monaten waren wir an dem Punkt angekommen, dass wir keine Stillhütchen, keine Milchpumpe und kein Zufüttern mehr benötigten.
Das Stillen klappt und alles ist gut?!
Zu dem Zeitpunkt fing in meinem Umfeld in den Babykursen und Krabbelgruppen, die ich besuchte, die Diskussion über Beikost an und ich war erneut verunsichert. Mein Kind zeigte am Essen nämlich noch so gar kein Interesse und tat das auch für lange Zeit nicht.
Weil es in den Beikostplänen, die ich vom Kinderarzt bekam oder die als Werbung in meinem Briefkasten landete, so vorgesehen waren, fingen wir im Alter von etwa fünf Monaten mit dem ersten Brei an. Nach etwa drei Löffeln hatte meine Tochter genug und verlangte die Brust. Ich war frustriert und fragte mich wieder, was ich falsch gemacht hatte.
Auch hier hat es eine Weile gedauert, bis ich feststellte, dass es viele Babys gab, die sich nicht an die „vorgegebenen“ Pläne zur Beikosteinführung hielten und das Ganze einfach verweigerten. Heute weiß ich, dass ein Großteil dieser Studien zur optimalen Beikosteinführung von der (Baby-)Nahrungsmittel-Industrie in Auftrag gegeben wurden.
Während also alle anderen Babys „brav“ ihren Brei aßen, stillte ich meine Tochter erst einmal weiter. Nach einer Weile war sie dann doch neugierig auf Beikost und es klappte ganz gut, dass sie hin und wieder ein bisschen Brei aß.
Dann kamen ein Magen-Darm-Virus und ein paar neue Zähne und plötzlich aß sie über Wochen wieder gar nichts mehr. Und wieder war ich verwirrt, probierte es tapfer weiter mit der Beikost und bot ihr gleichzeitig die Brust an.
Meine Elternzeit neigte sich dem Ende zu
Ich hatte dabei eine Frist im Nacken und die machte mich nervös: ich hatte genau 12 Monate Elternzeit beantragt und als meine Tochter mit etwa 10 Monaten noch immer kaum etwas aß und bald die Eingewöhnung bei der Tagesmutter beginnen sollte, war ich erneut verunsichert. Wieder einmal ließ ich mich von meinem Umfeld beeinflussen und verunsichern: dort wurde so langsam abgestillt und die meisten Kinder nahmen ordentliche Portionen Brei zu sich. Nur meines nicht.
Als ob sie meine Nervosität bemerkt hätte, begann meine Tochter pünktlich kurz vor dem Beginn der Eingewöhnung plötzlich auch an zu essen und man merkte, dass es ihr schmeckte. Von jetzt auf gleich aß sie so viel, dass ich kurz vor einem Milchstau stand und ihr lieber die Brust als Essen angeboten hätte, um meine Brüste zu entleeren.
Plötzlich waren wir die einzigen, die noch nicht abgestillt hatten
Nach dem langen Weg, den wir hinter uns hatten, konnte und wollte ich sie nicht abstillen, obwohl mir alle zum Abstillen vor der Eingewöhnung rieten. Also stillten wir abends und nachts weiter – einfach nach Bedarf und mit der Zeit wurden die Still-Abstände nachts größer und wir konnten beide immer besser schlafen.
Ich merkte zwar noch eine ganze Weile den Schlafmangel in meinen Knochen, vor allem, wenn ich im Büro saß und meine Tochter bei der Tagesmutter war, aber ich wusste, dass es das wert war. Und das war zu diesem Zeitpunkt völlig in Ordnung für mich.
Unser Weg war individuell und bedürfnisorientiert geworden
Es hatte über ein Jahr gedauert, bis ich mich als Mutter nicht mehr von der Meinung anderer verunsichern ließ. Und das Gute am Abends und Nachts stillen war ja auch, dass es kaum jemand mit bekam. Ich musste es niemanden erzählen und konnte unseren Weg ohne Kommentare oder Kritik weitergehen.
Abgestillt haben wir übrigens erst, als ich erneut schwanger wurde und das Stillen durch die Hormon-Umstellung sehr schmerzhaft für mich wurde.
Meine Tipps für eine erfolgreiche Stillzeit
Mein Fehler war, dass ich vom Stillen am Anfang wenig Ahnung hatte. Unser Geburtsvorbereitungskurs hatte in einer von acht Einheiten das Thema Stillen behandelt. Rückblickend war das für mich zu wenig. Besser ist es, gut vorbereitet zu sein – nicht nur auf die Geburt, sondern auch auf die Zeit danach, also Wochenbett und Stillen, wenn du für dich die Entscheidung zum Stillen getroffen hast.
Wie kannst du dich auf die Stillzeit vorbereiten?
In einigen Städten (oder gerade jetzt) vermehrt auch online gibt es neben Geburtsvorbereitungskursen auch Stillvorbereitungskurse. Das hätte mir sicherlich geholfen. Natürlich gibt es auch zahlreiche Bücher, die das Stillen behandeln – und die ich zum lesen bereits während der Schwangerschaft und nicht erst danach empfehlen würde.
Und falls dir im Krankenhaus oder von deiner Nachsorge-Hebamme beim Stillen nicht ausreichend geholfen werden kann, ist es gut zu wissen, wenn man kontaktieren kann für Fragen. Im Internet kannst du recherchieren, wo im näheren Umkreis es kompetente Stillberatungen oder Stillcafés gibt. Auch das würde ich bereits während der Schwangerschaft herausfinden.
Was mir geholfen hat: je mehr Wissen ich über das Stillen hatte, desto sicherer habe ich mich gefühlt, dass ich weiß, was ich tue, und dass ich den für mich und mein Baby richtigen Weg gehe. Da ich vor der Schwangerschaft und Geburt nur wenig mit dem Thema Stillen in Berührung gekommen bin, war das Stillen „aus dem Bauch heraus“ bei mir kaum möglich. Die Umstände der ersten Zeit während und nach der Geburt waren für uns aber leider auch nicht ganz einfach, was den Still-Beginn zusätzlich komplizierter gemacht hat.
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Sonnenkinderleben.de: Ich bin Jenni und hier findest du mehr über mich.
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