Der Lockdown hat vielerlei Auswirkungen auf unseren Alltag, zwei Situationen dazu möchte ich hier einmal berichten.
Aktuell gilt ja (zumindest bei uns in NRW) die Regel, dass man sich in der Öffentlichkeit mit maximal 10 Personen aus insgesamt zwei Haushalten treffen darf. Für die eigene Wohnung bzw. das eigene Haus gibt allerdings es keine Vorschriften. Wie und ob man dies ändern oder kontrollieren darf, um das Infektionsgeschehen einzudämmen, darüber wurde ja in der Politik in letzter Zeit gestritten.
Umgeworfene Pläne für Sankt Martin und den Laternenumzug
Eigentlich hätte Mitte November in unserem der große Sankt Martins Umzug mit allen Kitas, der Grundschule, zahlreichen Kapellen und natürlich einem großen Martinsfeuer am Ende stattgefunden. Schon lange vor dem Lockdown stand bei uns fest, dass der Martinszug dieses Jahr ausfallen würde.
Die Feuerwehr, die den Zug begleitet hätte, arbeitet Corona-bedingt aktuell im Schichtsystem, sodass bei einer Erkrankung nicht alle gleichzeitig in Quarantäne müssen. Aus diesem Grund hätte sie den Zug nicht begleiten können und für die Sicherheit der Zug-Teilnehmer z.B. bei einer brennenden Laterne hätte niemand ausreichend Sorge tragen können.
Unsere Kita hatte sich dafür im Oktober einen tollen Plan B überlegt:
Die Kinder sollten am Martinstag nachmittags mit ihren Laternen den Erzieherinnen (und aus Ansteckungsrisiken ohne Eltern) einmal um den Kindergarten laufen. Anschließend sollte es zum Schnörzen zu Eltern in der nahen Umgebung der Kita gehen, sodass der Zug für sie nicht ersatzlos ausfällt.
Für alle, die Schnörzen nicht kennen (ich glaube, das gibt es auch nur hier im Rheinland?): nach dem Martinszug klingeln die Kinder hier normalerweise an diversen Haustüren, singen Martinslieder und bekommen dafür ein paar Süßigkeiten oder Obst.
Noch ein weiterer Alternativ-Plan
Da all das nun auch ausfallen musste, gab es in unserer tollen Kita nun noch einen Plan C: der Sankt Martin besucht die Kinder vormittags in der Kita und bringt Weckmänner mit, die Kinder singen Lieder und haben ihre beleuchteten Laternen in der Kita aufgehangen.
So kam es, dass meine Kinder an diesem Tag schon morgens früh mit ihren Laternen-Stöcken laut singend um den Esstisch gelaufen sind und sich auf den Vormittag in der Kita gefreut haben.
Die #CoronaKrise bedeutet für unsere Kinder in der Tat gerade ganz schön viele Einschränkungen, aber ich bin wirklich froh, dass unsere tollen und engagierten Erzieherinnen sich trotzdem noch einen Alternativ-Plan überlegt hatten, damit die Kinder ihre selbst gebastelten Laterne auch nutzen konnten – und wenn es nur einmal kurz war.
Eine Einladung zu Kaffee und Kuchen: gehen wir hin oder nicht?
Ebenfalls im Lockdown light erhielten wir vor kurzem eine simple Einladung zum Kaffee trinken und Kuchen essen, die uns sehr beschäftigt hat. Denn das hätte die aktuellen Corona-Vorgaben minimal überschritten hätte. Zudem sollte das Treffen drinnen stattfinden.
Darf man sich also drinnen mit mehr Personen oder Haushalten treffen als draußen an der frischen Luft? Das Ansteckungsrisiko ist ja drinnen sicher höher als draußen, aber dazu gibt es eben keine klaren Vorgaben.
Das führte dazu, dass mein Mann und ich einen ganzen Abend lang darüber diskutiert haben, ob wir zu diesem Treffen gehen möchten, absagen wollen oder darum bitten können, das Treffen in zwei Termine aufzuteilen, sodass weniger Personen und Haushalte an den einzelnen Treffen teilnehmen.
Wir fanden es falsch, dort unter den gegebenen Umständen und Ansteckungszahlen hinzugehen, zumal ja auch keiner mit Sicherheit weiß, was eine Ansteckung in der Schwangerschaft für Auswirkungen auf das Baby haben könnte.
Gleichzeitig waren wir uns unsicher, wie eine Absage oder Bitte um Terminverschiebung bei den Gastgebern ankommen würde. Wir haben an diesem Abend viel geredet, viel überlegt und viel über Corona geflucht. Wie viel einfacher wäre doch alles, wenn es dieses Corona-Virus nicht gäbe… Zu einer Entscheidung konnten wir uns jedoch nicht durchringen.
Wie können wir eine Entscheidung treffen?
Am nächsten Morgen stand diese Entscheidung dann immer noch im Raum. Als mein Mann und ich uns beim Frühstück darüber unterhalten haben, wollte das Julimädchen wissen, worüber wir reden. Also habe ich ihr die Situation kurz und kindgerecht erklärt: „Wir sind dort eingeladen, aber das sind insgesamt mehr Menschen, als sich im Lockdown gerade treffen dürfen und jetzt wissen wir nicht, was wir tun sollen.“
Ihre Reaktion war ganz klar und eindeutig: „Dann sagt doch einfach, dass wir gerne kommen möchte, aber fragt, ob das an einem anderen Tag möglich ist. Dann sind es nicht zu viele Menschen gleichzeitig.“
Das Julimädchen kennt alle Menschen, die sich dort getroffen hätten sehr gut und gerade auch die Menschen aus einem weiteren Haushalt, die sie dann nicht sehen könnte, mag sie wirklich gerne. Und ihr war klar, dass wir in diesem Fall nur die Gastgeber, die uns eingeladen haben, sehen würden und niemand anderen. Die Konsequenzen ihrer Entscheidung waren ihr also absolut bewusst.
Trotzdem hat sie ganz klar entschieden: es ist nicht erlaubt, also machen wir es nicht. Auf das Treffen ganz verzichten wollte auch sie nicht, aber um einen anderen Termin zu bitten hielt sie – im Gegensatz zu uns Eltern – für nicht zu viel Aufwand. Und genauso haben wir es dann auch gemacht – und es war absolut die richtige Entscheidung und natürlich hatte jeder Verständnis dafür.
Was ich daraus gelernt habe:
Ich habe aus der Antwort des Julimädchens eine ganze Menge mitgenommen und gelernt:
- Wir Erwachsenen machen uns das Entscheiden oft viel zu kompliziert. Alle Möglichkeiten und hätte-wäre-könnte-würde können wir sowieso nicht in Betracht ziehen.
- Unsere Kinder haben viel schneller gelernt, mit den neuen Umständen in der Krise zu leben und sich viel schneller an die Einschränkungen gewöhnt als wir Erwachsenen. Auch darum habe ich mir in der Vergangenheit im Übrigen schon viele Sorgen gemacht – weil viele Einschränkungen zuallererst zu Lasten der Kinder gingen, wie z.B. die Geschichte mit dem Sankt Martins Zug oben.
- Offensichtlich haben wir in unserer Erziehung ziemlich viel richtig gemacht, wenn meine Fünfjährige in der Lage ist, solche Entscheidung klar und ethisch treffen kann.
Was ich mir aus dieser Situation für die Zukunft mitnehmen möchte:
- Ich mache mir viel zu viele Sorgen – um meine Kinder und wie diese die Einschränkungen aufnehmen und was das für ihre Entwicklung und ihre Zukunft bedeuten könnte. Aber ändern kann ich an der derzeitigen Situation ja sowieso nichts.
- Ich mache mir noch mehr Sorgen und Gedanken – darum, wie andere Menschen mich und unsere Familie von außen ansehen und was sie über uns und unsere Entscheidung zur Corona-Krise, zur Erziehung unserer Kinder denken könnten. An dem, was andere über mich und uns denken, kann ich ebenfalls nichts ändern.
- Wir sollten als Eltern öfter Entscheidung, die unsere ganze Familie betreffen, nicht abends alleine zu zweit treffen, sondern tagsüber und gemeinsam mit den Kindern in einer Familienkonferenz. Sie haben ja auch ein Mitspracherecht bei unserer Freizeitplanung (um nichts anderes ging es dabei ja im Prinzip). Und sie haben gute Ideen und Argumente, wie man Probleme einfach angehen und Entscheidungen treffen kann – ohne viel hin und her und dem Bedenken aller Eventualitäten und Möglichkeiten.
Also habe ich beschlossen, mir in Zukunft einfach weniger Gedanken machen, um Dinge, auf die ich absolut keinen Einfluss habe. Und ich möchte viel öfter selbst so entscheiden, wie mein Julimädchen das tut – intuitiv und aus dem Bauch heraus. Das habe ich anscheinend verlernt oder tue das viel zu selten…
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