Anti-Rassismus mit Kindern: was können wir gegen Diskriminierung und für mehr Diversität tun?

[Werbung / Rezensionsexemplare / Buchvorstellung]

Es gibt Themen, die sind sehr sensibel und bei diesem Thema hier habe ich lange überlegt, ob und wie ich darüber schreibe. Weil es ein Thema ist, das mir wichtig ist, dass meine Kinder darüber Bescheid wissen. Und weil ich gleichzeitig Sorge habe, es falsch zu formulieren, weil ich es in diesem Fall aus einer sehr privilegierten Sicht schreibe, da ich nie selbst davon betroffen war.

Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Artikel schreibe und wie ich das alles formuliere. Mir ist durchaus bewusst, dass ich hier aus der Perspektive einer weißen, hetero cis-Frau schreibe, deren Kinder noch keinerlei Erfahrung mit Rassismus oder anderen Anfeindungen – abgesehen von Adultismus – machen mussten.

Und genau deswegen ist es mir wichtig, dass meine Kinder wissen, wie privilegiert sie sind und dass es keineswegs „normal“ sein muss, so zu leben, wie wir das tun und so auszusehen wie wir. Ich möchte, dass meine Kinder wissen, dass es unterschiedlichste Hautfarben, Familienkonstellationen, Herkünfte, Religionen usw. gibt und dass alles das zur Gesellschaft und zum alltäglichen Leben dazu gehört.

Was ist eigentlich „normal“?

Wir wohnen sehr dörflich und dennoch unweit der nächsten Großstadt. Meine Kinder kennen aus Kita und Schule zahlreiche verschiedene Familien unterschiedlichster Konstellationen, Herkünfte, Religionen etc.

Und dennoch ist es in Kita und Schule üblich, dass es einen Stift gibt, den die Kinder Hautfarben-Stift nennen… Zuletzt wurde ich beim Malen an unserem Esszimmertisch beauftragt, diesen Stift herauszusuchen. Und ich habe diese Gelegenheit genutzt, um mit meinen Kindern ein Gespräch über Hautfarben zu beginnen und was für sie „normal“ bedeutet. Dabei geht es natürlich nicht nur um die Hautfarbe, sondern viel allgemeiner um Dinge, die wir als privilegierte hellhäutige Menschen für selbstverständlich halten. Natürlich sind auch schon Kinder in der Lage, Dinge zu hinterfragen.

Und wie so oft lassen sich solche Fragen wunderbar anhand von Büchern erklären, natürlich mit unserer Begleitung, um die Fragen unserer Kinder beim Vorlesen zu beantworten:

Mit Kindern über Rassismus reden: Buchvorstellung zum Thema Anti-Rassismus

Der EMF Verlag und der Usborne Verlag haben uns dazu zwei Bücher als Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt, die ich hier vorstellen möchte:

Erstes Aufklappen und Verstehen: Was ist Rassismus? (Erstes-Aufklappen-und-Verstehen-Reihe)*

Was ist Rassismus?(Rezensionsexemplar)
Was ist Rassismus? (Rezensionsexemplar)

Das Buch „Was ist Rassismus?“ beantwortet viele Fragen zum Thema Rassismus auf kindgerechte Weise. Beispielsweise geht es darum, warum Menschen unterschiedlich aussehen, woher sie kommen oder wohin sie gehen, wie Rassismus und Kolonialismus entstanden ist und was wir dagegen tun können. Jede der vielen Klappen im Buch beantwortet eine spezielle Frage dazu.

Ich empfinde die Klappen in ihrer Vielzahl an etwas überladen und denke, man hätte den Inhalt aufgrund der Komplexität des Themas locker auf die doppelte Seitenzahl ausweiten können. Ein bisschen merkt man auch, dass das Buch zuerst in englischer Sprache verfasst wurde und dann übersetzt wurde. Daher musste ich beim Vorlesen teilweise etwas weiter ausholen mit dem Erklären, damit meine Kinder den Inhalt verstehen konnten.

Als empfohlenes Lesealter gibt der Verlag 4-6 Jahre an. Die Zweijährige liebt Klappenbücher, aber für sie ist das Thema Rassismus in diesem Buch noch zu schwierig erklärt, als das sie den Inhalt gut erfassen kann. Die Fünfjährige – die also die vom Verlag angegebene Zielgruppe ist – hat sich allerdings viel mehr für das Buch „Steck mal in meiner Haut“ interessiert (siehe unten), weil das Klappenbuch für sie ein „Babybuch“ ist. Die Zweitklässlerin wiederum hat das Buch durchgeschaut und hatte anschließend noch sehr viele offene Fragen bzw. Fragen, die zwar beantwortet wurden, aber bei denen sie gerne noch weitere Informationen hätte unter den Klappen lesen können.

Unser Fazit: ein schönes Buch, das anhand der Klappen gut gegliedert ist, das gleichzeitig durch den geringen Seitenumfang aber auch sehr an der Oberfläche des Themas bleibt. Aber für einen Einstieg in das Thema ist das Buch absolut geeignet.

„Steck mal in meiner Haut“* von Saskia Hödl, Pia Amofa-Antwi und Emily Claire Völker aus dem EMF Verlag

Rassismus und Hautfarben: mit Kindern über Rassismus reden
Steck mal in meiner Haut (Rezensionsexemplar)

Die Illustrationen von Emily Claire Völker haben uns bereits im Buch „Von wegen Bienchen und Blümchen“ sehr gut gefallen und so haben wir uns über das Buch „Steck mal in meiner Haut“ sehr gefreut.

Die Autorinnen beschreiben ausführlich, was Rassismus ist, wie Vorurteile funktionieren und klären auf, was Kinder (und natürlich auch Erwachsene) tun können, wenn sie das Gefühl haben, dass eine Handlung Rassismus beinhaltet. Pia kennen meine Kinder bereits aus der TV-Serie „Pia und die wilde Natur“, daher waren sie sehr gespannt zu erfahren, um was es in ihrem Buch geht.

Wie bei „Was ist Rassismus“ handelt das Buch nicht nur von Rassismus selbst, sondern es geht auch um Diskriminierung im Allgemeinen, um Religionszugehörigkeiten, um die geschichtlichen Hintergründe mit dem Kolonialismus, um Hautfarben und Haare, Familienkonstellationen und auch um Lieder oder Kostüme, die ebenfalls problematisch sein können.

Während das Klappenbuch „Was ist Rassismus“ kurz und knapp Fragen beantwortet, geht „Steck mal in meiner Haut“ deutlich mehr in die Details und beschreibt sehr viel ausführlicher. Das hat anfangs dazu geführt, dass meine Kinder sich teilweise von der Fülle der Informationen etwas überflutet gefühlt haben. Gleichzeitig haben meine Kinder „Steck mal in meiner Haut“ für die vielen Details und Informationen definitiv bevorzugt vor dem „Was ist Rassismus“-Buch.

Unser Fazit: ein absolut gelungenes Buch, perfekt geeignet für Fans von „Pia und die wilde Natur“, aber natürlich auch für alle anderen Kinder. 🙂 Aufgrund der vielen Informationen empfiehlt es sich, das Buch nicht an einem Stück zu lesen bzw. vorzulesen, sondern am besten auf mehrere Lese-Abschnitte aufzuteilen – insbesondere wenn man Kinder hat, die sich (noch) nicht lange konzentrieren können.

Unsere Kinderbücher-Empfehlung zum Thema Anti-Rassismus:

Während das Buch „Steck mal in meiner Haut“ sehr detailliert und umfassend war, war das Klappenbuch „Was ist Rassismus“ genau das Gegenteil und hat alle Fragen kurz und knapp beantwortet. Ich persönlich fand das eine Buch an der ein oder anderen Stelle zu knapp und das andere Buch für die Aufmerksamkeitsspanne meiner Kinder zu ausführlich. Insgesamt ist es ein guter Mix, dass wir beide Bücher haben und je nach Lust auf die Detail-Tiefe uns entweder mit dem einen oder mit dem anderen Buch beschäftigen können. Ich dachte anfangs, dass gleich zwei Bücher zum selben Thema etwas zu viel sind. Für unsere Kinder war es allerdings tatsächlich vorteilhaft zwei so unterschiedliche Bücher zum Thema Anti-Rassismus zu haben wie diese beiden Bücher hier.

Weitere empfehlenswerte Kinderbücher zu Diversität und Vielfalt:

  • Zum Thema Diversität und darüber wie unterschiedlich Menschen sind, haben wir auch noch ein Lieblings-Buch, vom Zuckersüß Verlag (kennt ihr den übrigens? Da ist der Name Programm, die Bücher sind alle wirklich zuckersüß, absolut empfehlenswert!): Körper sind toll!“ * – Ein wirklich schönes Buch, das ich im letzten Kinderbücher-Beitrag hier bereits vorgestellt habe

Welche Kinderbücher wollen wir lesen? Welche Kinderlieder wollen wir hören?

Rassismus und Hautfarben: mit Kindern über Rassismus reden

Viele (traditionelle) Kinderbücher und Kinderlieder sind voll von Rassismus und prägen somit unsere Gesellschaft nachhaltig. Ganz davon abgesehen, dass ich viele ältere Kinderbücher kritisch sehe und aus unserem Bücherregal aussortiert habe, auch wenn ich sie als Kind früher gern gelesen habe. Das ist aber nicht nur der Fall, weil ich aus pädagogischen Gründen mit der Sicht auf Kinder und wie sie dort behandelt / erzogen / getadelt werden nicht mehr klar komme. Nein, in vielen Kinderbüchern und auch -Liedern erkenne ich heute einen rassistischen Ton, der mir früher nie aufgefallen ist – weil ich die Texte nie hinterfragt habe.

Nach dem Lesen unserer Anti-Rassismus-Bücher möchte ich meine Kinder genau dazu aber ermutigen: Dir kommt ein Text / Lied komisch / gemein /… vor? Sprich es an oder frag nach. Und egal, ob die Frage an uns Eltern, Oma, Opa, Erzieher*innen oder Lehrer*innen gestellt wird, hoffe ich, dass meine Kinder eine qualifizierte Antwort bekommen und/oder die Person zum Nachdenken anregen.

Wusstet ihr übrigens , dass das Lied „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ in der Kolonialzeit entstanden und in der NS-Zeit umgedichtet wurde? Ursprünglich hieß das Lied „Drei Japanesen mit dem Kontrabass“ und so wird es wohl in einigen Teilen der Schweiz noch immer gesungen. Mehr dazu gibt es hier beim NDR. Ein Grund mehr für mich, dieses Lied nicht mehr zu singen.

Wo hört der Spaß auf und wo fängt Diskriminierung und Beleidigung?

Auch Karnevals-/Faschings-Kostüme können rassistisch und/oder beleidigend sein. Bevor wir Kinder hatten, waren wir Karneval im Rheinland mit Freunden aus München unterwegs und im bunten Karnevals-Treiben sahen wir unter anderem auch Dirndl als Karnevalsverkleidungen. Ich weiß noch, wie die Münchnerin damals ganz empört rief: „Ein Dirndl ist doch kein Kostüm!“

Ein Indianer-Kostüm beispielsweise gehört für viele noch zur „Normalität“, kann aber genauso auch Angehörige der indigenen Völker in Nordamerika absolut verspottend wirken. Das mag jetzt übertrieben klingen, aber am Ende – finde ich – sollte man es den Betroffenen doch selbst überlassen, was sie als angemessen bzw. unangemessen empfinden mögen – sei es die Süddeutsche oder der Nordamerikaner.

So groß ist die Welt – so klein ist Deutschland

Rassismus und Hautfarben: mit Kindern über Rassismus reden
Rassismus und Hautfarben: meine Heimat ist ein kleiner blauer Stern

Kennt ihr das Lied „Meine Heimat ist ein kleiner blauer Stern“? Meine Kinder lieben dieses Lied und auch hier kam die Frage auf, warum eigentlich heißt es „blauer Stern“? Naja, eigentlich ist Stern auch das falsche Wort, die Erde ist schließlich ein Planet, aber ich vermute, auf Planet reimt sich nicht ganz so viel… Jedenfalls haben wir uns auf einem Globus angeschaut, wie die Erde von oben aussieht. Und haben nach Deutschland gesucht. Da kam von meinen Kindern der erstaunte Kommentar: „So klein ist Deutschland? Das kann doch gar nicht sein!“

Natürlich ist das der Mittelpunkt ihres Lebens und sie können sich mit 5 und 7 noch nicht vorstellen, wie viel es auf dieser Welt noch zu entdecken und erleben gibt. Aber mir ist auch wichtig, ihnen mitzugeben, dass wir als Deutsche sehr privilegiert sind, aber weder der Mittelpunkt der Welt sind, noch macht unser Land einen besonders großen Teil dieser Erde aus.

Es gibt auf dieser Erde so viele andere Menschen, so viele verschiedene Kulturen, Religionen, Hautfarben, Weltansichten, so viel mehr, als sie sich vorstellen können. Genau darum finde ich es so wichtig, dass sich meine Kinder ihrer Privilegien bewusst sind und damit dazu beitragen können, dass alle Menschen in Zukunft wirklich gleichberechtigt sind und auch gleich behandelt werden. Damit am Ende wirklich niemand mehr benachteiligt wird. Auch wenn es sicher noch ein weiter Weg bis dahin ist.

Und was den Hautfarben-Stift angeht, habe ich übrigens kürzlich ein Set Hautfarben-Stifte* gekauft, das aus insgesamt 12 Stiften besteht – und damit so gut wie alle möglichen Hauttypen abdeckt. So sind wir beim nächsten Mal definitiv gut ausgerüstet.

Weitere Lese-Empfehlungen zum Anti-Rassismus:

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