Zwei meiner drei Kinder haben sich vor kurzem erst vom Meer verabschiedet und nach nur ein paar wenigen Tagen zu Hause beschlossen, dass sie jetzt für mehrere Nächte am Stück bei Oma übernachten wollen.
Gesagt, getan. Plötzlich war ich für ein paar Tage nur für ein Kind verantwortlich.
Wie ich ich damit gefühlt habe?
Traurig, weil zum ersten Mal zwei meiner Kinder für mehrere Tage nicht in meiner Nähe waren, – und gleichzeitig froh, dass ich mich noch mal kurz wie eine Einzelkindmama fühlen kann.
Stolz, dass die beiden in der Lage sind, ohne uns Eltern auszukommen – und gleichzeitig enttäuscht, dass sie schon so groß sind und uns (fast) gar nicht mehr brauchen.
Angespannt und nervös, weil sie sich ja trotzdem jederzeit hätten melden könnten und abgeholt werden möchten – und gleichzeitig froh über jede verstrichene Minute, in der ich (noch) nichts von ihnen gehört hatte.
Entspannt, weil ich keine Geschwisterstreitigkeiten schlichten musste – und gleichzeitig ein bisschen gelangweilt, weil ich mit der Kleinsten noch nicht so viele spannende Spiele spielen kann wie mit den beiden Großen.
In die Zukunft schauend, um mir vorzustellen, wie viel unabhängiger sie in kurzer Zeit sein werden – und gleichzeitig habe ich mich in die Vergangenheit versetzt gefühlt, als ich wirklich nur für ein zweijähriges Einzelkind verantwortlich war.
Was ich mich dabei gefragt habe: Bin ich die einzige, die diese gleichzeitigen widersprüchlichen Gefühle hat? Oder geht es anderen Eltern auch so? Sind diese Gefühle Teil vom Elternsein? Und:
Was für eine Mutter bin ich eigentlich?

Ich bin eine Mutter, die ihre Kinder über alles liebt – und auch öfter mal von ihnen genervt ist.
Ich bin eine Mutter, die unser Familienbett liebt – und alleine schlafen super toll und erholsam findet.
Ich bin eine Mutter, die für #Langzeitstillen einsteht – und froh ist, wenn der Papa genauso in der Lage ist, die Kinder zu versorgen oder ins Bett zu bringen.
Ich bin eine Mutter, die für alle drei Kinder lange Elternzeiten genommen hat – und gleichzeitig ihren Töchtern die Themen #Gleichberechtigung, #Mentalload und #GenderPayGap näher bringen möchte.
Ich bin eine Mutter, die sich im Alltag mit Baby und/oder Kleinkind oft geistig unterfordert fühlt – und gleichzeitig oft psychisch überfordert beim Jonglieren der Bedürfnisse, Wünsche und Termine aller Familienmitglieder.
Und ich bin eine Mutter, die furchtbar gerne viel öfter eine Auszeit am Meer nehmen würde – mit oder ohne Kinder.
Ich finde, Elternsein ist sehr vielschichtig und besteht oft aus sehr viel Zerissenheits-Gefühlen, es gibt da nie nur schwarz und weiß.
Wer bin ich: Löwenzahn oder Pusteblume?
Manchmal fühle ich mich dabei wie eine Frau, die das Muttersein nur spielt. Die andere überzeugen muss, um ernst genommen zu werden, dass ich als Mutter fähig bin, mit dem Alltag mit drei Kindern klarzukommen.
Gegenüber den anderen Müttern fühle ich mich manchmal wie ein Löwenzahn, der noch nicht zur Pusteblume geworden ist. Die Raupe, die noch kein Schmetterling ist.
Warum wirkt es so, als hätten die anderen Eltern – und insbesondere die Mütter – alles im Griff, während ich mich manchmal durch jeden Tag kämpfe? Gegen Müdigkeit, um hunderte Termine und Aufgaben einigermaßen pünktlich erledigen zu können. Manchmal mit und manchmal ohne die Kooperation meiner Kinder.
Warum sieht das bei allen anderen so leicht aus, während mir alles so schwer fällt?
Oder ist es so, dass viele andere Eltern genau das gleiche über „die anderen Eltern“ und vielleicht sogar über mich denken? Wirke ich nach außen, als hätte ich alles im Griff, auch wenn ich gerade genau das Gegenteil fühle? Geht es nur mir so oder auch anderen?
Imposter-Syndrom als Mutter
Ja, manchmal wundert es mich sogar, wie es sein kann, dass mir jemand die Verantwortung über 3 (oder plus Besuchskinder) sogar mehr Kinder übertragen hat. Wann genau habe ich die Eltern-Tauglichkeits-Prüfung bestanden? Kann ich das wirklich oder bin ich nur eine Hochstaplerin? Und wer hat mir und uns erlaubt, einfach so Kinder zu bekommen, ohne dass vorher ein Vorbereitungskurs dafür nötig gewesen wäre? Während potentielle Adoptiveltern übrigens so viele Dinge tun müssen, um für ein Kind geeignet zu sein – aber das nur am Rande?
Nein, ich finde, gut genug ist wesentlich besser als perfekt. Es gibt genug Tage, an denen ich abends feststelle, dass ich an meinen eigenen Ansprüchen gescheitert bin. Es gibt Tage, die sind ganz okay. Und trotzdem bin ich jedes Mal froh und erleichtert, wenn alle Kinder abends schlafen und keines den Tag über größere physische oder psychische Blessuren erhalten hat.
Früher dachte ich, man muss sich in jedes Thema erst mal einlesen, studieren, weiterbilden etc. Aber im hektischen Alltag kann ich nicht zu jedem Thema, das da aufploppt erst mal eine Fortbildung machen oder ein Buch lesen:
- Wackelzahnpubertät, Entthronung oder nachgeburtliche Geschwisterkrise und Geschwisterstreit
- Aufklärung, Hausaufgabenstreit, Lesenlernen oder Rechnenlernen
- Kinderspiele, Kinderbeschäftigung, Kindergeburtstagsfeiern
- Grenzensetzen, Gewaltfreie Kommunikation und Achtsamkeit mit Kindern
So viele Themen gibt es da im Familienleben und so wenig Zeit, allen und allem gerecht zu werden.
Und dann gibt es Tage, an denen mir alles leicht fällt und ich ohne schimpfen durch den Tag komme und ich mich meinen Aufgaben im Elternsein gerecht geworden fühle.
Ich bin ich – ich bin die beste Mutter, die meine Kinder je haben werden
Als Studentin hatte ich ziemliche Prüfungsangst und um mich zu beruhigen, sagte mir damals eine meiner Dozentinnen vor einer mündlichen Prüfung über meine Magisterarbeit: „Keine Sorge, niemand kennt ihr Thema so gut wie Sie, Sie sind hier die Expertin.“ Das hat mir tatsächlich geholfen und mir sehr viel Selbstbewusstsein für diese Prüfung gegeben.
Und wenn ich heute daran zweifele, ob ich eine „gute“ Mutter bin, dann denke ich genau an diesen Satz: „Wir sind die Expert*innen als Eltern, keine*r kennt unsere Kinder so gut wie wir.“ Und wenn ich der Meinung bin, dass mit meinem Kind etwas nicht stimmt, dann werde ich alles dafür tun, um herauszufinden, was meinem Kind fehlt. Sei es eine Krankheit oder sei es ein unerfülltes Bedürfnis.
Für alles andere hilft es mir, mir immer wieder zu sagen:
„Ich bin gut so, wie ich bin. Und meine Kinder sind genauso richtig, wie sie sind.“
Egal, ob ich heute schlechte Laune hatte und meine Kinder angemotzt habe, obwohl ich es eigentlich besser weiß – morgen versuche ich besser zu machen. Egal, ob meine Kinder abends lange zum Einschlafen brauchen oder nicht durchschlafen, sich nicht ohne mich zu eine*r Freund*in oder zu einer Geburtstagsfeier trauen, oder welche anderen vermeintlichen „Makel“ wir an ihnen sehen: es ist alles genau so gut, wie es ist.
Trotzdem darf ich natürlich manchmal genervt sein und mir vielleicht einen einfacheren Weg wünschen. Aber am Ende ist es doch das, was ihren Charakter ausmacht. Und vieles verwächst sich auch irgendwann mit der Zeit und mit Geduld. Auch wenn es mir gerade an Geduld oft mangelt.
Und trotzdem – oder vielleicht auch gerade weil – ich meine Rolle als Mutter so oft so sehr hinterfrage, bin ich davon überzeugt, dass ich genau die richtige Mutter für meine Kinder bin. Niemand ist perfekt – und Fehler gehören zum Leben dazu.
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Sonnenkinderleben.de: Ich bin Jenni und hier findest du mehr über mich.
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