Fast jede werdende Mutter nimmt sich vor der Geburt vor zu stillen. Denn das Stillen hat viele Vorteile: gestillte Babys sind weniger krank, die Beziehung zwischen Mutter und Kind wird durch den engen Körperkontakt und die Stillhormone unterstützt. Auch die Gesundheit der Mutter wird durch das Stillen gefördert: stillende Mütter haben beispielsweise ein deutlich geringeres Risiko für Brustkrebs und Diabetes. Gleichzeitig ist Stillen nachhaltig und produziert im Gegensatz zur Fläschchen-Nahrung keinen Müll.
Außerdem ist Stillen die natürlichste Sache der Welt – wenn es denn klappt. Was man bei Still-Problemen oder einem schwierigen Still-Start nach der Geburt tun kann, erzählt Jana im folgenden Interview.
Ein Interview mit Jana, Stillberaterin in Ausbildung
Jana ist auf Instagram als @lehrerinjungsmama zu finden und mir dort aufgefallen, weil sie so viele spannende Infos zum Thema Stillen und tolle Zitate zu bedürfnisorientierter Elternschaft postet. Ich selbst bin Langzeitstillende und so kamen wir uns Gespräch und ich habe sie kurzerhand zum Interview für meinen Blog gebeten.
Meine Interview-Fragen hat Jana übrigens innerhalb kürzester Zeit (also wirklich innerhalb weniger Minuten!) und mit schlafenden Baby auf dem Arm beantwortet. Das nenne ich mal Vereinbarkeit von Kind und Beruf(ung).
Also wenn ihr Jana noch nicht folgt, dann schaut mal schnell bei Instagram rein. 🙂 Aber jetzt erst mal das Interview:
Liebe Jana, erzähl erst mal etwas über dich: Wer bist du, was machst du, was ist dir wichtig im Leben?
Jana: Ich bin (noch) 33 Jahre alt, habe in Karlsruhe Biologie und Chemie auf Lehramt studiert. Direkt im Anschluss mein Referendariat in Möckmühl gemacht und lebe und arbeite seitdem im Großraum Stuttgart. Ich bin seit 8 Jahren verheiratet.
Meine Söhne werden im Herbst 4 und 1. Ich bin derzeit noch in Elternzeit, werde aber im September wieder in der Schule starten. Wie beim Großen damals erstmal mit 50%. Ich bin ausgebildete Yogalehrerin und mache derzeit eine Ausbildung zur Stillberaterin.
Was ist mir wichtig? Das ist schwer, ich antworte Mal in #:
#bedürfnisorientiert #Jesus #Familienmensch #Ehrenamt #Tragemama #StillennachBedarf
Und noch ganz viel mehr.
Auf deinem Instagram-Profil stellst du dich als zweifache Jungsmama, Lehrerin und Stillberaterin in Ausbildung vor.
Wie kam es zu deiner Ausbildung als Stillberaterin? Warum liegt dir das Thema Stillen so am Herzen (mir übrigens auch 🙂 )?
Jana: Bei meinem großen Sohn, gab es viele Probleme uns schlechte Beratung. Unter dem frühzeitigem Abstillen hab ich sehr gelitten.
Beim zweiten Kind wollte ich besser vorbereitet sein. Trotzdem gab es Probleme, aber diesmal Hilfe und Lösungen. Meine Stillberaterin hat mich viel in den Kontakt mit anderen Mama mit ähnlichen Problemen gebracht. Vor allem rund um das verkürzte Zungenband. Und daraus wurde dann die Idee die Ausbildung bei der Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS) zu machen.
Ich führe bereits jetzt ehrenamtliche Stillberatungen durch und möchte diese mit der Ausbildung auf stabile Füße stellen.
Für die nächste Frage muss ich ein bisschen ausholen:
Als meine erste Tochter geboren wurde, gab es Komplikationen und sie wurde innerhalb weniger Stunden nach der Geburt in die Neonatologie eines anderen Krankenhauses verlegt. Leider war es nicht möglich, dass ich dort nicht als ebenfalls als Patientin aufgenommen werden konnte. Mir wurde zum Milch-Abpumpen geraten, während meine Tochter alleine im Krankenhaus war und wir sie nur wenige Stunden am Tag sehen konnten.
Meine damalige Hebamme hat mir in dieser Situation zwar beim Abpumpen und beim Milcheinschuss nach Kräften geholfen, aber ich hatte das Gefühl, dass sie von der Situation selbst überfordert war. Als es meiner Tochter wieder besser ging, hat sich das Stillen für uns beide irgendwann gut eingependelt und wir haben letztendlich über zwei Jahre gestillt, aber die erste Zeit war wirklich hart für uns alle.
Was würdest du Mamas in einer solchen oder ähnlich herausfordernden Situation raten? Wie können sich Mütter allgemein in schwierigen Still-Momenten Hilfe holen?
Jana: Die Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen hat unter ganz viele Informationen zu allen möglichen Problemen rund ums Stillen. Aber auch eine Liste mit ehrenamtlichen Stillberaterinnen und eine Telefonhotline.
Ich würde heute in so einer Situation die Hotline anrufen. Um möglichst schnell an die richtigen Ansprechpartner zu gelangen.
Welche Frauen möchtest du als Stillberaterin besonders erreichen, wie möchtest du helfen können?
Jana: Ich möchte vor allem sie Frauen erreichen, die nicht zu einer professionellen Stillberaterin gehen würden. Sei es aus finanziellen Gründen oder auch aus Scheu. Deswegen versuche ich, auf meinem Instagram Profil Stillwissen breit zu streuen. Damit jede Mama weiß, wo es kostenlose Hilfe (maximal Ortstarif) gibt.
Welche Still-Mythen möchtest du bekämpfen? Welche Vorurteile in Sachen Stillen nerven dich am meisten?
Jana: Ich möchte es gern positiv formulieren. Mein wichtigsten Aussagen zum Stillen:
- Das natürliche Abstillalter liegt zwischen 2 und 7 Jahren (sollte ich mir auf die Stirn tätowieren lassen)
- Breikost ab 4 Monaten ist nicht sinnvoll
- Jeder Sauger/Schnuller kann in jedem Alter zur Saugverwirrung führen
- Und am Wichtigsten: immer nach Bedarf stillen
Wie kann man dich in Zukunft bei Stillproblemen kontaktieren? Wo findet man dich?
Jana: Man kann mich ganz ungezwungen über mein Instaprofil anschreiben.
Oder über die Stillberaterinnenliste der ASF finden.
Hast du noch ein paar Statistiken zum Stillen? Wie viele Mütter in Deutschland stillen und wie lange stillen sie im Durchschnitt? Was tut die AFS um diese Quote zu erhöhen?
Laut der Nationalen Stillkommission beginnen 90 Prozent der Mütter mit dem Füttern an der Brust, nach zwei Monaten werden noch 70 Prozent der Säuglinge gestillt, nach sechs Monaten sind es nur noch zwischen 40 und 50 Prozent. (Quelle: nationale Stillkommission – Stillstudie 2017)
Die Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppe (AFS) ist eine gemeinnützige Organisation zur Förderung des Stillens. Ehrenamtliche Stillberaterinnen unterstützen Mütter bei allen Stillfragen und leisten so ihren Beitrag dazu, dass das Stillen wieder ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Lebens wird. Grundlage unserer Arbeit ist die Selbsthilfe – mit ehrenamtlicher Mutter-zu-Mutter-Beratung, bei offenen Stilltreffen oder über unsere bundesweite Telefon-Hotline. Unsere Beraterinnen sind vorwiegend Mütter mit eigener Stillerfahrung und haben eine eigens von der AFS für ihre Mitglieder entwickelte Aus- und Weiterbildung durchlaufen.
Gibt es noch etwas, das du allen (zukünftigen) Mamas und auch den nicht-stillenden Partnern auf den Weg geben möchtest?
Jana: Habt Vertrauen in euch und euer Kind. Ihr alle seid kompetent. Und holt euch jede Unterstützung die ihr bekommen könnt.
Zu guter Letzt noch eine Frage zum Thema Gleichberechtigung und Stillen:
Auf meinem Blog läuft ja gerade eine Artikelserie / Blogparade zum Thema Corona, Feminismus und Gleichberechtigung. Wie passt Stillen und Gleichberechtigung deiner Meinung nach zusammen? Hast du eine Idee, wie wir Mütter uns von vor-gefestigten Rollenbildern befreien können? Gar nicht stillen ist da sicherlich ja auch keine Lösung…
Jana: Die Papas können bis auf das Stillen ja alles andere genauso gut oder manchmal besser machen. Ich sehe da also überhaupt keinen Widerspruch. Und wenn Care Arbeit und Mental Load als ebenso wertvoll angesehen werden wie Erwerbsarbeit, stellt sich die Frage gar nicht.
Stillen steht der Gleichberechtigung nie im Weg. Eher die Rahmenbedingungen.
Liebe Jana, da stimme ich dir absolut zu! Und über das Tattoo zum Abstillalter habe ich auch schon nachgedacht. 😉
Vielen Dank für das Interview und ich danke dir ganz herzlich für deinen Einsatz, Müttern beim Stillen zu unterstützen! Ich drücke dir die Daumen für den erfolgreichen Abschluss deiner Stillberaterin-Ausbildung im Herbst!
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Sonnenkinderleben.de: Ich bin Jenni und hier findest du mehr über mich.
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