Eine entspannte ambulante Geburt beim zweiten Kind
Zum Roses Revolution Day 2020 habe ich bereits meinen Geburtsbericht meiner großen Tochter veröffentlicht. Bevor ich über die dritte Geburt erzähle, möchte ich noch den Bericht über die ambulante Geburt meiner zweiten Tochter ergänzen, der sich – zum Glück – in vielem von der ersten Geburt unterscheidet.
Vor der Geburt: Sonntag
Wir sind erst einen Tag zuvor von unserer Wohnung ins neue Haus umgezogen. Das Wochenende davor haben wir von Freitag bis Montag jeden Tag von morgens bis abends im neuen Haus mit Anstreichen, Renovieren und Möbelaufbau verbracht. Montags hat das Julimädchen Fieber bekommen und ist so die ganze Woche bei mir zu Hause geblieben statt zur Tagesmutter zu gehen. Ihr scheint der Stress auch nicht gut zu bekommen. Abends unter Woche ist mein Mann noch mit Anstreichen beschäftigt, während ich versuche zu Hause mit Kind und Babybauch, weiter Umzugskisten einzupacken.
Jetzt ist der Umzug endlich geschafft, nur ein paar letzte Sachen sind noch in der alten Wohnung geblieben – Blumen, ein paar Bilder und Zerbrechliches, was wir nicht mit dem Transporter mitnehmen wollten. Ich bin den ganzen Sonntag über müde, die letzten 10 Tage seit dem Beginn des Haus Renovierens waren sehr anstrengend für uns alle. An den Abenden und in der Nacht hatte ich öfter schon leichte Wehen, aber zum Glück nie sehr schmerzhaft.
Am Nachmittag lege ich mich noch mal hin und schlafe fast 3 Stunden, während mein Mann mit der zukünftigen großen Schwester auf den Spielplatz und Eis essen geht. Das Julimädchen wollte keinen Mittagsschlaf mit mir machen, aber am Ende ist sie von der ganzen Aufregung um den Umzug trotzdem so müde, dass sie am späten Nachmittag noch mal für eine Weile auf der Couch einschläft, während wir ein paar Kisten auspacken.
Die ersten Wehen
Als ich sie dann abends ins Bett bringe, merke ich die ersten stärkeren Wehen. Während ich ihr ein Buch vorlese, muss ich innehalten und mich auf meine Atmung konzentrieren. Ich bleibe bei ihr, bis sie eingeschlafen ist, dann gehe ich ins Wohnzimmer und setze mich für eine Weile auf den Gymnastikball, das macht die Wehen angenehmer. Mittlerweile bin ich mir sicher, dass die Wehen dieses Mal nicht aufhören werden, sondern die Geburt nun tatsächlich bevorsteht.
Bis etwa Mitternacht bleibe ich im Wohnzimmer, mal auf dem Ball, mal auf der Couch oder im Stehen. Dann beschließe ich, doch noch mal für eine Weile zu schlafen oder mich zumindest zum Julimädchen ins Familienbett zu legen. Ich nehme meine Kopfhörer mit und höre noch einmal meine Hypnobirthing-Meditationen, um mich zu entspannen. Irgendwann schlafe ich tatsächlich zwischendurch ein, die Wehen wecken mich immer wieder auf, in unregelmäßigen Abständen.
Der Tag der Geburt: Montag
Gegen 7.30 Uhr wird das Julimädchen wach. Ich liege schon länger wach im Bett und schaue per Wehen-Timer nach den Abständen zwischen den einzelnen Wehen. Ich sage ihr, dass der Papa sie gleich zur Tagesmutter bringen wird und es sein kann, dass sie dann von ihrer Tante abgeholt werden muss, weil Mama und Papa ins Krankenhaus fahren, da das Baby heute geboren werden möchte.
Sie freut sich und lässt sich nach dem Frühstücken zur Tagesmutter bringen. Vorsichtshalber liefert er sie dort inklusive Kinderautositz und einer Tasche mit Wickel- und Anziehsachen ab, falls sie auch die Nacht bei Tante und Onkel verbringen muss.
Wir fahren ins Krankenhaus
Mein Mann kommt wieder zurück. Er erledigt noch ein paar Telefonate und sagt alle beruflichen Termine für den Tag ab. Gegen 10 Uhr beschließe ich, dass wir langsam ins Krankenhaus fahren sollten, weil ich den Kopf des Babys schon ziemlich weit unten im Becken spüre. Ich habe auch das Gefühl, dass der Bauch „über Nacht“ ein ganzes Stück tiefer gerutscht ist.
Auf dem Weg ins Krankenhaus ist kurz Stau auf der Autobahn, die Wehen im Auto sind besonders schwer auszuhalten. Obwohl ich den Kopf tief im Becken spüre, kann ich noch einigermaßen gut laufen und schaffe den Weg vom Parkhaus bis zum Kreißsaal im Krankenhaus langsam, aber gut und alleine.
Gegen 11 Uhr sind wir am Eingang der Geburtshilfe und werden von einer Hebamme empfangen, die uns in einen der Kreißsäle bringt, wo sie zunächst ein CTG machen möchte. Keiner der anderen Kreißsäle ist aktuell besetzt, sodass die Hebamme viel Zeit für uns hat und das Krankenhaus sehr ruhig auf uns wirkt. Ich frage die Hebamme, ob etwas gegen eine ambulante Geburt spricht, solange es mir und der Kleinen nach der Geburt gut geht. Sie sagt mir, dass wir nach den Vorschriften des Krankenhauses dann noch 6 Stunden bleiben müssen und der Kinderarzt der Entlassung zustimmen sollte.
Unser Baby ist in der Zwischenzeit beim CTG eingeschlafen, weswegen die Hebamme während des CTGs einmal die Öffnung des Muttermundes tasten möchte. Sie sagt, dass die Babys davon meist wach werden. Der Muttermund ist 5-6 cm geöffnet.
Die Geburt schreitet schnell voran
Die Hebamme drängt nun ein bisschen zur Eile. Mein Mann soll mich schnell im Krankenhaus anmelden und wird zum Empfang geschickt. Während er weg ist, kommt die zuständige Frauenärztin. Sie möchte mir für alle Fälle einen Zugang legen, obwohl ich das eigentlich nicht wollte.
Sie braucht zwei Versuche, bis sie eine Stelle an meinem Arm findet, wo sie eine Vene treffen kann. Die Ärztin möchte unbedingt noch einen Ultraschall machen und das geht erst, nachdem ich angemeldet bin. Die Hebamme hält den Ultraschall eigentlich nicht für nötig und sagt, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wir unser Baby endlich im Arm halten können.
Während mein Mann beim Empfang ist, wird das CTG beendet und ich darf mich wieder stellen statt zu liegen, was die Wehen angenehmer macht. Kurz versuche ich mich am Tuch, das von der Decke hängt, festzuhalten, aber das wird schnell zu anstrengend. Ich stütze mich stattdessen auf den Rand der Wickelstation, wo bereits die Wärmelampe angeschaltet ist.
Ein (im Nachhinein) unnötiger Ultraschall
Nachdem ich nun endlich im Krankenhaus angemeldet bin für eine hoffentlich ambulante Geburt und mein Mann wieder da ist, sollen wir zum Ultraschall hinüber gehen. Wir verlassen den Kreißsaal, gehen über den Flur und am Schreibtisch der Ärztin muss ich kurz stehen bleiben und eine Wehe veratmen, dann kann ich weiter auf die Liege und der Ultraschall kann durchgeführt werden.
Der Kopf ist wie erwartet schon fast am Ausgang, sodass die Ärztin den Kopfumfang nur schlecht messen kann und Größe und Gewicht des Babys auch nur sehr grob schätzen kann. Erstaunlicherweise hat sie Sorge, dass das Baby zu groß sein könnte, während meine Frauenärztin am Donnerstag vorher noch Sorge hatte, dass das Baby zu klein sei und nicht weiter wachsen würde, sodass man es gut beachten müsste und noch einen Zusatztermin vereinbart hatte.
Wir gehen zurück in den Kreißsaal und ich möchte kurz auf die Toilette. Ich habe nun auch selbst das Gefühl, dass die Hebamme recht hatte und es nicht mehr lange dauern wird bis zur Geburt. Im Kreißsaal stütze ich mich zunächst wieder auf den Rand der Wickelstation.
Die Austreibungsphase
Die Hebamme fragt, ob ich auf den Boden in den Vier-Füßler-Stand möchte. Ich möchte und das macht die Wehen angenehmer, obwohl ich bei jeder Wehe mittlerweile einen sehr starken Druck im Becken spüre. Als ich mich auf die Atmung konzentriere, wird es etwas leichter.
Ich stütze meine Arme auf einen Hocker auf. Mein Mann hält den Hocker fest, sodass er nicht von der Matte weg rutschen kann, auf der meine Beine aufgestützt sind. Der Druck im Becken wird für mich nun beinahe unerträglich und ich bitte doch um Schmerzmittel, die ich vorher auf Nachfrage jedes Mal abgelehnt habe. Die Hebamme schließt mich daraufhin an einen Tropf an, weniger Schmerzen spüre ich jedoch nicht.
Ich bin erschöpft
Ich kann mich im abgestützten Vier-Füßler-Stand nicht mehr halten, da Arme und Beine bereits zittern. Die Hebamme schlägt stattdessen die tiefe Hocke vor. Jetzt sitzt mein Mann auf dem Hocker und hält mich unter den Armen fest.
Als ich in der Hocke bin, sagt die Hebamme, dass ich bei den Wehen auch mit schieben kann, um die Geburt etwas zu beschleunigen. Gleichzeitig ruft sie die Ärztin an, damit diese zur Geburt dabei ist. Bei der ersten Presswehe platzt die Fruchtblase mit einem Plopp auf die Unterlage. Viel Wasser war nicht mehr drin. Ich presse und schreie während der nächsten drei Wehen mit aller Kraft, die ich noch habe, dann ist das Aprilmädchen auch schon geboren und wird mir auf die Brust gelegt.
Geburt geschafft
Meine Knie zittern und ich möchte auf das Kreißsaalbett. Mit der nächsten Wehe wird die Plazenta geboren und mein Mann darf die Nabelschnur durchschneiden. Die Hebamme hilft mir beim Aufstehen und aufs Bett legen und untersucht mich auf Geburtsverletzungen.
Durch das kurze, aber heftige Pressen habe ich nun doch einen Dammriss, den ich eigentlich vermeiden wollte. Nun muss die Ärztin mich unter Lokalanästhesie nähen. Die Stiche sind fast schmerzhafter und definitiv unangenehmer als alle Wehen vorher. Das Aprilmädchen wird währenddessen kurz mit einem Handtuch gesäubert, die Hebamme macht die U1 und das Baby wird meinem Mann auf die Brust gelegt. Sie ist fit und wach und sucht nach der Brust – allerdings bei der falschen Person.
Als ich endlich fertig genäht bin, darf das Aprilmädchen wieder zu mir. Die Hebamme hilft mir beim Anlegen und unser Baby fängt sofort an, an der Brust zu saugen. Nach der Geburt müssen wir noch 2 Stunden im Kreißsaal bleiben und sie trinkt oder saugt in dieser Zeit permanent an meiner Brust. Ich wechsele sie zwischendurch von einer Seite zur anderen.
Warten auf die Entlassung nach der ambulanten Geburt und Kennenlernen der Geschwister
Ich habe mir eine ambulante Geburt gewünscht. Trotzdem müssen wir nach Vorschrift des Krankenhauses nach der Geburt noch 6 Stunden im Krankenhaus bleiben. Also werden wir nach 2 Stunden im Kreißsaal noch für 4 Stunden auf ein Zimmer in der Geburtsstation gebracht. Am Ende verzögert sich das Ganze noch ein bisschen, weil wir auf den Kinderarzt länger als gedacht warten müssen und so ist es schon ca. 21 Uhr, als wir zu dritt nach Hause aufbrechen können.
Mein Mann bringt das Baby und mich nach Hause und holt dann das mittlerweile schlafende Julimädchen bei Onkel und Tante ab. Als er sie weckt, ist sie zwar müde, aber aufgeregt, ihre kleine Schwester endlich kennenlernen zu können. Zu Hause fällt ihr Blick als erstes auf das kleine Baby, das gerade wieder schläft und sie streichelt sie und begrüßt sie liebevoll und wir sind als Familie nun endlich zu viert.
Geburtsplanung ambulante Geburt und Realität im Krankenhaus: was hätte ich mir anders gewünscht?
Bei meiner Vorbereitungen mit Hypnobirthing und anderen hilfreichen Büchern hatte ich mir fest vorgenommen, das Legen eines Zugangs und sämtliche unnötigen Untersuchungen abzulehnen. Im Krankenhaus angekommen wurde mir dann mitgeteilt, dass das Standard-Prozedere sei, um im Notfall vorbereitet zu sein und dass ich das in diesem Krankenhaus nicht verweigern könne. Erst später klärt mich meine Nachsorge-Hebamme darüber auf, dass ich dieses sogenannte „Standard-Vorgehen“ sehr wohl hätte ablehnen können.
Im Nachhinein bin ich auch der Meinung, dass der Ultraschall, auf den die Gynäkologin gedrängt hat, völlig unnötig war. Die Hebamme hatte indirekt versucht, mir davon abzuraten. Nur war zu dem Zeitpunkt mein Mann nicht anwesend und ich zu sehr mit meinen Wehen beschäftigt, um ihre indirekten Worte richtig deuten zu können.
Ansonsten habe ich die Geburt als relativ schnell und verhältnismäßig selbstbestimmt erlebt – vor allem verglichen mit der Geburt des Julimädchens, die sich aufgrund diverser Faktoren viel mehr hingezogen hat.
Da ich kein Typ für längere Krankenhaus-Aufenthalte bin, hatte ich mir die Geburt im Vorhinein als ambulante Geburt gewünscht. Das war zum Glück auch möglich, da es sowohl dem Aprilmädchen wie auch mir nach der Geburt schnell gut ging. Etwas nervig war nur das Warten auf den zuständigen Kinderarzt, der uns attestieren musste, dass alle Untersuchungen unauffällig waren und nichts dagegen spricht, dass wir nach Hause fahren durften.
Demnächst werde ich sicher noch über die dritte Geburt berichten, die ich ebenfalls als ambulante Geburt geplant hatte. Warum es dann am Ende doch nicht wirklich eine ambulante Geburt geworden ist, erfahrt ihr dann im nächsten Geburtsbericht – sobald ich dazu komme, ihn zu schreiben.
Wie man eine ambulante Geburt planen kann:
Mehr über die Planung einer ambulanten Geburt, erfahrt ihr bei der Hebamme Anja von Vonguteneltern.de.
Mehr zum Roses Revolution Day 2022:
Sowohl auf Littleyears.de wie auch bei Stadtlandmama.de wird heute über traumatische Geburten berichtet (Achtung: Triggerwarnung für beide Artikel!).
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Sonnenkinderleben.de: Ich bin Jenni und hier findest du mehr über mich.
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